Einfach tragen

… aber ist Tragen wirklich so einfach?

  • Warum tragen wir?
  • Wie tragen wir?
  • Mit was tragen wir?

Du wirst merken, dass es beim Tragen viele Dinge zu beachten gibt.
Aber es ist nur halb so kompliziert, wie es vielleicht den Anschein macht. Viele Dinge sind eigentlich selbstverständlich, intuitiv und leuchten ein. Wer einmal ein bisschen Übung mit dem Tragetuch hat, wird diese praktische Alltagshilfe nicht mehr missen wollen. Es ist ein bisschen wie Schnürsenkel-Binden…einmal gelernt, nie mehr vergessen.

Aber auch für „Knoten-Muffel“ gibt es allerhand tolle Babytragen (z.B. Manduca Babytrage, Bondolino, MeiTais), die flexibel und schnell angelegt werden können. Einzige Bedingung: sie müssen dem Entwicklungsstand und der Anatomie des Kindes angepasst sein. Das heißt, sie müssen der kindlichen Hüfte die natürliche „Anhock-Spreiz-Stellung“ und eine gewisse natürliche Krümmung des Rückens ermöglichen und dürfen auch den Träger bei richtiger Anwendung nicht unnötig belasten.

Du wirst mit der Zeit jedoch feststellen, dass das Tragen Dein Familienleben absolut berreichern kann. Du bist flexibel und mobil in nahezu jeder Alltagssituation und fühlst trotzdem eine gewisse Ruhe und Zufriedenheit, weil Du Deinem Kind gleichzeitig Nähe und Geborgenheit geben kannst.
Das Kind ist dabei – aber die Hände sind frei!

Kurz und knapp erklärt:
Hier kannst Du den aktuellen Kirschbäumchen TrageWegweiser kostenlos als PDF-Datei downloaden.

Ein erster Überblick über das Tragen:

Das Tragen von Babies und Kleinkindern mit Hilfe von allerlei Tragehilfen, Tüchern, Gestellen, Gurten, Bändern etc. hat eine lange Geschichte, die ursprünglich vom Nomadenleben der frühen Menschen herrührt.
Den kleinen Menschensäugling irgendwo alleine zu lassen während die Eltern auf Jagd und Essenssuche waren, war absolut lebensbedrohlich. 

Auch unsere „modernen“ Säuglinge erwarten, dass sie stets am Körper getragen werden. Sie können ja kaum im Bauch schon wissen, in welchen „Luxus“ sie geboren werden und dass „draußen“ ein praktischer, supermoderner Kinderwagen, ein kuscheliges Bett und eine stylische Babywippe auf sie warten, dass nicht hinter jeder Ecke ein Raubtier lauert und Mama doch nur mal kurz die Wäsche macht und „gleich wieder da“ ist.

Somit muss man sich dann doch zwangsläufig fragen: Bietet unsere westliche Zivilisation wirklich einen Luxus für Säuglinge? Oder befinden wir uns da nicht in einem Irrglauben?

Neugeborene kommen mit der uralten Erwartung auf die Welt, am Körper und somit im Schutze ihrer Mutter zu bleiben, einfach nur wachen, schlafen, trinken und dann wieder schlafen zu dürfen, bis sie selbst so weit sind, mit eigenen Händen und auf eigenen Beinen die Welt zu erkunden.

Menschenbabies sind keine Nesthocker, die alleine und still im Nest oder Bau bleiben bis die Eltern von der Nahrungssuche zurückkommen. Sie sind auch keine Nestflüchter, die mit ihren Eltern bereits kurz nach der Geburt Schritt halten können.

Verlieren Säuglinge den Körperkontakt fangen sie an zu weinen. Werden sie hochgenommen, hocken sie reflexartig die Beine an. Eine Position die ideal an das Tragen auf der mütterlichen Hüfte angepasst ist und zudem die eigene Hüftentwicklung des Säuglings optimal unterstützt.

Wir modernen Menschen haben auch kein Fell mehr, an dem sich der Säugling festklammern könnte, auch wenn er noch alte Klammerreflexe hat. Die Fußsohlen eines Säuglings sind nach innen orientiert, die Schienbeine sind krumm… Ensteht das nur durch die Enge im Mutterleib? Fehleinschätzung! Das Baby ist körperlich auf das Tragen nach der Geburt vorbereitet. Somit muss man zu dem Schluss kommen, dass das Tragen von Babies und Kleinkindern wohl die absolut natürlichste Betreuungs- und Transportmöglichkeit darstellt. (Ebenso wie das Stillen die absolut natürlichste und bekömmlichste Ernährungsform für Säuglinge darstellt.) Menschenbabies sind somit Traglinge.

Das Tragen stand aber leider in den letzten Jahrzehnten eher mit „öko“ oder „Verwöhnen“ in Verbindung und erlebt zum Glück seit ein paar Jahren einen neuen Aufschwung. Nicht ungeachtet der Tatsache, dass mittlerweile endlich auch Studien belegen, dass das Tragen die Entwicklung von kindlicher Hüfte, Gleichtgewichtssinn, Motorik, Wahrnehmung und Urvertrauen positiv beeinflusst.

Getragene Kinder scheinen weniger zu schreien, sind zufriedener und haben auffallend weniger Haltungsauffälligkeiten als nicht getragene Kinder, die die meiste Zeit (auf dem Rücken) liegend verbringen.

Tragekinder erkennt man daher meistens auch daran, dass sie äußerst selten einen flachen oder schiefen Hinterkopf und komplett abgewetzte Haare aufweisen.

Tragen sorgt für Wohlbefinden – beim Säugling wie beim Träger. Der ausgiebige Körperkontakt und die damit verbundene Ausschüttung der Hormone Oxytocin und Prolaktin unterstützen, Rückbildung, Milchbildung und das seelische Wohlbefinden der Mutter. Tragen hält auch den Träger fit und ermöglicht Mobilität, Flexibilität, Unabhängigkeit und sogar Sport mit Kind.

Natürlich ist Tragen grundsätzlich zu empfehlen – ja, wir würden es gerne allen Eltern „verschreiben“ aber – wie bei allem – immer mit Maß und Ziel. Du wirst Dein Kind selten den ganzen Tag im Tuch oder in der Tragehilfe mit Dir tragen. Es wird ja auch gestillt, gefüttert, gewickelt, gekuschelt, gespielt… Je älter Dein Baby wird, umso mehr will es auch seine Umgebung auf eigenen Beinchen erkunden. Achte einfach auf sein Verhalten und seine Bedürfnisse. Du merkst schnell, wenn es sich nicht mehr wohl fühlt und die Position wechseln möchte.

Mit jedem Entwicklungschritt werden sich vielleicht Deine Tragevorlieben und auch die Deines Kindes verändern. Wenn Du merkst, dass Du mit ihrer bisherigen Trageweise nicht mehr „weiterkommst“, dann kontaktiere einfach eine Trageberaterin in Deiner Nähe, sie wird Dir praktische Tragetipps und Hilfestellungen für die nächsten Monate geben.

Trageweisen

  • ab wann?
  • wie?
  • wie oft?
  • wie lange?

Idealerweise kann mit dem Tragen bereits in den ersten Tagen nach der Geburt begonnen werden. Das Tragetuch bietet hier gegenüber anderen Tragehilfen viele Vorteile. Es ist flexibel einsetzbar, umschmiegt den Körper des Säuglings wie eine zweite Haut, bietet seinem Rücken und Köpfchen bei richtiger Bindeweise die nötige Stütze, gibt Wärme und Geborgenheit. Die allerersten Bindetechniken, die Du jetzt verwenden kannst sind Wiege (liegend) und Wickelkreuztrage oder Känguru (aufrechte Haltung) bzw. Bindeweisen, die man direkt am Körper des Kindes festziehen kann.

So wie die Entwicklung Deines Kindes voranschreitet, so verändert sich auch die Einsatzweise des Tuches. Wenn Dein Kind das Köpfchen sicher halten und mehr von der Umwelt aufnehmen kann, kannst Du sie auf die (Doppel)Kreuztrage wechseln.


Möchte Dein Kind mehr von seiner Umwelt erfahren, so kannst Du bis ins Kleinkindalter die Hüfttrageweise verwenden, bei der Dein Kind quasi auf Deiner Hüfte reitet. Die Hüfttrage kannst Du mit einem langen oder kurzen Tuch binden. Du kannst dafür auch einen „Ring Sling“ verwenden. Das Tuch bzw. der Sling (ein Tragetuch mit zwei Ringen als Schnalle anstatt eines Knotens) passt in jede mittelgroße Tasche. Wenn Du also einmal mit Deinem Kleinkind unterwegs bist und es nicht mehr laufen oder einfach hochgenommen werden möchte, ab ins Tuch und weiter geht’s. Übrigens nehmen die meisten Erwachsenen kleine Kinder intuitiv auf die Hüfte. Mit der Zeit bekommen sie aber einen schweren Arm, was ihnen mit einer Tragehilfe nicht so schnell passiert.

Natürlich kannst Du von nun an bis ins Kleinkindalter auch die Rückentrageweise anwenden. Hier sitzt Dein Baby wie ein Rucksack an Deinen Rücken geschmiegt. Mit zunehmendem Gewicht des Kindes wirst Du diese Trageweise schätzen lernen.

Wie lange du Dein Kind am Stück oder insgesamt am Tag trägst, bleibt Dir in Verbindung mit Deiner eigenen Lebenssituation selbst überlassen. Es hat sich bewährt, so lange zu tragen, wie es sich sowohl für den Tragenden als auch den Getragenen gut anfühlt.

Wichtig: Bitte nicht mit über längere Zeit dem Blick nach vorn!

Bild:© microimages / www.fotolia.de

Viele Eltern finden diese Trageweise ganz toll, weil sie ein „neugieriges“ Kind haben, das alles von seiner Umwelt sehen will. Mehrere Babytragen-Hersteller werben schon lange in Babykatalogen mit dieser Trageweise, die – zugegeben – auf den ersten Blick recht praktisch und modern aussieht.

Der Schein trügt.  

Durch das Tragen mit dem Blick nach vorne führt zu einer nicht sehr optimalen bis inkorrekten Beinstellung.Dadurch fällt Dein Kind in ein Hohlkreuz, was seinen Rücken belastet und zu Verspannungen und Haltungsschäden führen kann. Dein Kind sitzt nur auf Schambein oder Hoden, was mit der Zeit Schmerzen und Durchblutungsstörungen mit sich ziehen kann. (Denke bei Jungs auch an die Hoden!)Stelle Dir diese Trageweise auch einmal aus der Perspektive ihres Kindes vor: Viele fremde Menschen – einige mit freundlichen aber einige auch mit gleichgültigen oder sogar unfreundichen, hektischen Gesichtsausdrücken kommen auf sie zu…. sie hängen wie eine Galleonsfigur vor ihren Eltern und müssen da durch…Dein Kind wird möglicherweise je nach Umfeld (z.B. Stadt, Flohmarkt usw.) mit Sinnesreizen geradezu überflutet und kann diese unter Umständen kaum mehr verarbeiten. Es hat aber bei dieser Trageweise keine Möglichkeit, das Gesicht abzuwenden und sich an den Träger zu kuscheln. Du kannst durch diese Trageweise kaum auf die Reaktionen ihres Kindes bzw. seine Bedürfnisse eingehen, weil Du sein Gesicht nicht sehen und seine Mimik und Gesten nicht deuten kannst.

Wenn Du das Gefühl hast, dass Du einen kleinen „Naseweis“ hast, der mehr von seiner Umwelt sehen möchte, dann verwende besser die Hüft- oder Rückentrageweise. Dein Kind hat den Überblick so lange es will, kann sich aber durch Ankuscheln an ihre Brust oder ihren Rücken ungewünschten Einflüssen entziehen und sich von der Außenwelt etwas abgrenzen.

Ergonomische Tragehilfen (Babytragen)

Das ergonomisch korrekte Tragen ist natürlich auch mit einigen fertigen Tragehilfen möglich. Diese sind praktisch und variabel in der Anwendung und bieten einen hohen Tragekomfort („Komfort-Tragehilfen“).

Beim Kauf einer fertigen Tragehilfe ist jedoch darauf zu achten, dass diese genügend Stützung des Rückens (auch von der Seite her) und des Köpfchens sowie eine korrekte Spreiz-Anhock-Stellung (M-Position) für das Baby ermöglicht (siehe Bild ganz oben links). Geeignete ergonomische Komfort-Tragen sind z.B. Manduca Baby- und Kindertrage (Bild), Ergobaby Carrier, Ruckeli, Emeibaby und viele FullBuckle-Tragen anderer Hersteller.

Ein „Zwischending“ zwischen Tragetuch und Komforttrage bildet der ursprünglich aus dem asiatischen Raum stammende „Mei Tai“, der im Prinzip aus einem Stoff-Viereck (darin sitzt das Baby) mit vier langen Bändern zum Binden besteht. Unter den Mei Tais gibt es unzählige Varianten und Abwandlungen. Man sollte in diesem Fall aber wissen, nach was man sucht oder einfach ausprobieren.

Viele Komforttragen können zwar ab Geburt verwendet werden. Idealerweise aber nicht vor dem 4. – 6. Monat (je nach Größe des Säuglings). Einige ältere Komfort-Tragehilfen können lt. Hersteller mit speziellen integrierten Innenhöschen (z.B. Manduca First) oder mit  als Zubehör kaufbaren Sitzerverkleinerern (z. B. Ergobaby Carrier Original) bereits für Neugeborene ab 3.500 kg verwendet werden.

Andere Tragehilfen wie z.B. verschiedene MeiTais, Bondolino, Marsupi Plus, Limas Babytrage sind ohne Einsatz/Verkleinerer ab Geburt nutzbar..

Nach unserer persönlichen Meinung ist aber vor allem in den ersten Lebensmonaten das Tragetuch die ideale Tragehilfe – besonders bei Babies mit Hüftanomalien.

Wenn Dein Kind sicher und länger alleine sitzen kann, kannst Du für größere Ausflüge auch eine Wander-Rückentrage (Kraxe, Tragegestell) benutzen. Sie hat den Vorteil, dass Du hier auch Platz für Wickelsachen, Kleidung und Verpflegung hast. Zudem verfügen gute Rückentragen über einen Sonnen-, Regen- und Windschutz, der in den Bergen oder im Wald (herabhängende und -fallende Zweige) sehr von Vorteil sein kann. Auch beim Tragekomfort für den Träger sollte man nicht sparen. Es gibt auf dem Markt sehr gute Modelle, die sich ideal auf den jeweiligen Träger (Mutter/Vater) anpassen lassen und ihnen somit einen bequemen Tragespaß bescheren können.
Wandertragen sind in der Anschaffung nicht billig. Bei uns kannst du diese Tragen auch ausleihen. (-> TrageVerleih)

Und nun die Frage aller Fragen:

Was ziehe ich meinem Kind beim Tragen an – im Sommer, Herbst, Winter, Frühling?
hier erfährst Du mehr

Sport mit Baby oder Kleinkind?

Ja, das geht auch! Mehr erfährst Du auf folgender Seite: Nordic Walking & Wandern mit Baby

Möchtest Du mehr über die verschiedenen Trageweisen, Bindetechniken und Tragehilfen-Alternativen erfahren?

Dann besuche doch einfach zusammen mit Deinen Freundinnen einen Tragekurs oder vereinbare am besten eine persönliche Trageberatung (Einzel- oder Gruppenberatung möglich).